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Eine schöne Geschichte: Das Mercedes W126 Coupé

Classic Company, 25.09.2022 Wissenswert

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Eine schöne Geschichte: Das Mercedes W126 Coupé

„Du wirst Dich daran erinnern!“ So ging es mir durch den Kopf. Es war einer dieser besonderen Momente in meinem Leben als absoluter Autofan. Herzdurchflutend, Freude spendend. Mit einem Lächeln stand ich ihm gegenüber. Diesem einen besonderen Mercedes. In unerreichbarer Ferne, obwohl er direkt vor mir stand.

Wir schreiben das Jahr 1981. Genauer gesagt, Oktober 1981. Die IAA in Frankfurt als Gelegenheit, das Flaggschiff der deutschen Automobilindustrie näher kennenzulernen. Auch wenn ich mit 13 Jahren selbst viel zu jung war, um Auto zu fahren. Dennoch stellte dieses Auto einen absoluten Traum dar. In schlichtem Silbermetallic, mit aus heutiger Sicht schmächtigen 14 Zoll großen Barockfelgen wurde er der Welt angepriesen. Für mich als Kind ein einschneidender Moment, an den ich mich noch heute gern erinnere. Und das ahnte ich damals bereits.

Als der SEC auf den Markt kam, wusste er zu beeindrucken. Seine elegant anmutenden Linien, die dennoch etwas Maskulines an sich hatten. Dieses Auto wirkte. Und ließ Träume entstehen.

Heute, über 40 Jahre später, hat dieser Wagen diese Kindheitsträume längst hinter sich gelassen. Aus ihnen wurden Sammlerträume.

Die Geburtsstunde – mit emotionsloser Namensgebung

Das Coupé der Mercedes S-Klasse erschien im Oktober 1981 und erhielt die werksinterne Bezeichnung C126. Als offizielle Modellbezeichnung erhielten die Fahrzeuge die bekannten Buchstabenkürzel „SEC“. Sie standen für S-Klasse-Einspritzmotor-Coupé. Die Bodengruppe entnahmen die Entwickler der S-Klasse Limousine und verkürzten diese im Radstand um 85 mm. Als optische Auffälligkeit erschien dem Betrachter stets die fehlende B-Säule des SEC. Um die dadurch beeinträchtigte Stabilität der gesamten Fahrzeugstruktur den hohen Sicherheitsstandards der Limousine anzugleichen, verstärkten die Fahrzeugentwickler die Dachrahmenstruktur. Zudem wurden die A-Säulen mittels hochfester Stahlrohre verstärkt.

Das Mercedes W126 Coupé

Schön, schöner, C126

Den meisten Betrachtern des Coupés der S-Klasse fällt die Gesamtharmonie des Fahrzeugdesigns auf. Die perfekten Proportionen zwischen den vorderen, mittleren und hinteren Fahrzeugbereichen erreichen in diesem Fahrzeugmodell ihren Höhepunkt. Viele Betrachter bezeichnen dieses Coupé aufgrund seiner Schlichtheit und seiner Eleganz als das schönste Fahrzeugmodell von Mercedes.

Bruno Sacco - der Designer, der Mercedes prägte wie kein Zweiter

Zu verdanken hat der W126C seine Schönheit dem Designer Bruno Sacco – ein Mann, der vielen Stuttgarter Klassikern ihre Gesichter verlieh.

Sacco wurde 1933 in Italien geboren und war von 1958 bis 1999 bei Mercedes-Benz Designer und Konstrukteur. Im Jahr 1958 begann seine Karriere bei dem Stuttgarter Automobilhersteller. In den folgenden Jahren arbeitete er unter der Leitung von namhaften Designern wie Karl Wilfert, Friedrich Geiger und Béla Barényi an Projekten wie dem Mercedes 600, den Roadstern 230SL sowie 250SL und 280SL – den sogenannten Pagoden.

Im Jahr 1970 übernahm Sacco die Leitung der Abteilung Karosseriekonstruktion. Somit war er auch an der Konstruktion der Mittelklasse-Baureihe Mercedes W123 beteiligt.

Sacco´s Karriere im Hause Mercedes-Benz

Fünf Jahre später wurde Bruno Sacco Nachfolger von Friedrich Geiger und übernahm so die Verantwortung für die damals mit Stilistik bezeichnete Design-Abteilung.

In den Folgejahren entstanden Fahrzeuge wie der C111-III, sowie die S-Klasse W126.

Im Jahr 1987 wurde Sacco zum Direktor des Bereiches Design ernannt. Sechs Jahre später wurde er Mitglied im Direktorenkreis und übernahm dadurch Verantwortung für die Gestaltung der Fahrzeuge in dem Bereich der Nutzfahrzeuge.

Nach über 41-jähriger Tätigkeit im Bereich Mercedes-Benz-Design übergab Sacco die Bereichsleitung an seinen Nachfolger Peter Pfeiffer.

Äußerlichkeiten, die den SEC exklusiv erscheinen lassen

Statt der Breitbandscheinwerfer mit nebeneinander liegenden Haupt- und Nebelscheinwerfern, besaßen die Coupé-Modelle des W126 schmalere Hauptscheinwerfer. Die Nebelscheinwerfer waren in der Frontschürze integriert. Dadurch konnte der Kühlergrill breiter gestaltet werden. Der Mercedes-Stern, der bei der Limousine in dem vorderen Bereich der Motorhaube saß, wurde bei den Coupé-Modellen größer gestaltet und in den Kühlergrill integriert.

Diese Gestaltung seiner Front für damalige Verhältnisse als schlicht zu bezeichnen, wäre untertrieben. Bereits als 13-Jährigem war mir klar, dass das, was ich sah, eine Botschaft überbringen sollte. Dem Betrachter sollte bei dem ersten Anblick klargemacht werden, welchen Stellenwert ein einprägsames Design hat. Tauchte eine derartige Front im Rückspiegel auf, so hatte auf den deutschen Autobahnen in den 80er Jahren kaum ein Fahrzeug etwas entgegenzusetzen.

Details für Kenner

Weitere Details, die dem SEC vorbehalten waren, sind beispielsweise die wulstigen Kunststoffschalen der Türgriffe und die Chromleiste am unteren Rand der Kofferraumklappe. Diese erstreckte sich über die gesamte Breite des Kofferraumes.

Da die Coupés in der Modell-Hierarchie bei Mercedes stets über den Limousinen angeordnet waren, wiesen diese auch eine gehobene Ausstattung auf. Im Falle des SEC wären hier die Einzelsitze im Fond zu erwähnen und die Tatsache, dass in den Coupés ausschließlich V8-Motoren verbaut wurden.

Ausschließlich V8 Motoren

Mercedes verbaute ausschließlich V8 Motoren im SEC. Die Einstiegsvariante bildete in den ersten Jahren der 380SEC mit 204 PS. In dieser Zeit bildete der 231 PS leistende 500SEC das Topmodell der Baureihe. Diese Motoren verhalfen den Fahrzeugen für die damalige Zeit zu guten bis sehr guten Fahrleitungen. Verbaut wurden ausschließlich 4-Stufen-Automatikgetriebe.

Aber auch schon in dieser Zeit legte Mercedes bei der Entwicklung dieser Motoren Wert darauf, diese so effizient und schadstoffarm wie möglich zu gestalten.

Dennoch reichte der 90 Liter Kraftstoffvorrat höchstens für 600 Kilometer.

Einfluss der Ölkrise Anfang der 70er-Jahre auf die Entwicklung des SEC

Durch die Ölkrise Anfang der 1970er Jahre wurde auch den Entwicklern des W126 - und damit auch des SEC-Coupé – klar, welchen Stellenwert Effizienz und Leichtbau in dieser Zeit hatten. Waren schon die Vorgänger des W126 mit V8 Motoren in den 1970er Jahren sehr leistungsfähig, stellten sie in Sachen Kraftstoffverbrauch wahre Dinosaurier dar.

Die 126er-Baureihe hingegen wurde durch Maßnahmen, die das Leergewicht der Baureihe verringerten, erheblich sparsamer. Durch leichtere Stahllegierungen und Gewichtseinsparungen bei der Konstruktion der Baureihe konnte ein Gewichtsverlust von 280 kg gegenüber dem Vorgänger umgesetzt werden.

Auch das Platzangebot und der Komfort sollte mindestens das Niveau des Vorgängers W116 haben.

Mercedes steckte schon in diesen Jahrzehnten viel Geld und Know-how in die Weiterentwicklung ihrer Fahrzeuge. Anhand von Forschungsfahrzeugen und auch Computersimulationen testete man fortlaufende Verbesserungen und ließ sie in die Serie einfließen.

Die Ölkrise als ein Impuls für die Automobilindustrie

Natürlich war die Ölkrise auch für die Entwicklung der Fahrzeuge von Mercedes-Benz von großer Bedeutung. In seiner gesamten Geschichte stand der Hersteller stets für herausragende Produkte. jahrzehntelang ging es hauptsächlich darum, immer leistungsfähigere und schnellere Fahrzeuge zu bauen. Dieses konnte in der damaligen Zeit nur über immer größere Motoren erreicht werden. Doch dadurch stiegen die Verbräuche der Fahrzeuge ebenso deutlich an. In den Jahren vor der weltweiten Ölkrise spielte dieses nur eine untergeordnete Rolle.

Durch die stark steigenden Ölpreise in den 70er Jahren wurde diesem Denken ein Ende gesetzt. Der Markt verlangte nun mehr und mehr nach sparsameren Fahrzeugen. Somit war auch Mercedes dazu gezwungen, seine Fahrzeuge sparsamer zu machen.

Das Coupé stand eindeutig für maximalen Komfort

Doch nicht nur steigende Kraftstoffpreise und die Leistung der Motoren forderten das innovative Denken der Mercedes-Ingenieure heraus. Die Coupés der Marke Mercedes standen stets für maximalen Komfort. Dieser sollte immer der Zeit angepasst das Beste bieten.

Mit Fahrwerkskomponenten wie der vorderen Doppel-Querlenker-Achse und einer Diagonal-Pendelachse hinten war Fahrdynamik jedoch nicht die Stärke des großen Mercedes Coupé. Mit einem Radstand von 2,84m genügt der Fahrkomfort dieses Fahrzeugmodells aber auch noch heutigen hohen Ansprüchen.

Den hohen Komfort gab auch der Ausstattungsumfang wieder. Dieser umfasste z.B. elektrische Sitze vorn ebenso wie vordere, elektrische Gurtbringer.

Die Antiblockierbremse ABS wurde im Jahr 1984 serienmäßiger Standard.

Die Doppel-Querlenker-Aufhängung

Die Doppel-Querlenker-Aufhängung stellt eine Form der Einzelradaufhängung bei Automobilen dar. Kennzeichen dieser Art der Achskonstruktion sind zwei Dreieckslenker und ein Stablenker.

Um die Achskonstruktion gegenüber den Längskräften stabiler zu machen, wurden die Dreieckslenker verbaut. Die Federung übernehmen gewöhnliche Drehstab- oder Schraubenfedern.

Merkmale der Diagonal-Pendelachse

Diese Art der Hinterachskonstruktion wird auch als Schräglenker-Hinterachse bezeichnet. Hierbei wird der Radträger unmittelbar über ein Drehgelenk mit der Karosserie oder einem Hilfsrahmen verbunden. Dazu bilden zwei Lager die sogenannte Abstützbasis.

Bei den 500er und 560er-Modellen wurde eine sogenannte Anfahrmomentabstützung verbaut. Diese verringerte das Absenken des Heckbereichs beim starken Beschleunigen.

Große Modellpflege im Jahr 1985

Im Zuge der Modellpflege optimierte Mercedes die Aerodynamik der gesamten S-Klasse-Baureihe. Natürlich betraf diese Optimierung auch das große Coupé.

Hierbei wurden die Stoßfänger optimiert, die unteren Türbeplankungen – auch als Saccobretter bezeichnet – wurden in ihrer Oberfläche geglättet. Zudem wurde weniger Chrom verbaut und die ehemals 14 Zoll großen Alufelgen wurden durch 15 Zoll große Felgen ersetzt.

Hinzu kamen aber auch deutliche technische Verbesserungen. So wurde die Rostvorsorge verbessert und eine größere Bremsanlage verbaut.

Auch die Motoren wurden gründlich überarbeitet. Der Hubraum der Einstiegsvariante wurde auf 4,2 Liter Hubraum vergrößert und leistete nun je nach Schadstoffausstoß 204, 224 oder 231 PS. Der Motor des 500 SEC erhielt eine geänderte Einspritzanlage und leistete von nun an zwischen 223 und 265 PS.

Der 560 SEC als neues Topmodell

Durch eine Hubraumvergrößerung auf 5,5 Liter entstand der 560 SEC. Dieser leistete zwischen 242 und 300 PS und stellte zu der damaligen Zeit die Spitze des Motorenbaus dar. Seine Laufkultur wurde nur von den späteren Zwölfzylindermodellen übertroffen.

Die Produktionszahlen des SEC

In der Produktionszeit von September 1981 bis April 1992 wurden insgesamt 74.060 Coupés gebaut. Die Coupé-Variante des Nachfolgers W140 wurde im März 1992 auf dem Genfer Automobilsalon der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Speerspitze des deutschen Automobilbaus

In der gesamten Geschichte von Mercedes-Benz stellte die S-Klasse stets das technisch Machbare, gepaart mit perfektem Design dar. Nicht nur die Reichen und Schönen begehrten diesen Mercedes. Auch die politische Elite fuhr diese in Blech gepresste Besonderheit. Viele ihrer technischen Innovationen prägten den Fortschritt und stellten das Machbare dar. Einige dieser Besonderheiten wurden später auch Standard in anderen Fahrzeugklassen.

Über diesen Status hinaus entstand das S-Klasse-Coupé. Einen Status, den die SEC-Coupés auch noch heute, mehr als 40 Jahre später in Oldtimerkreisen zu vertreten wissen.

Das Mercedes W126 Coupé

Faszination Früher und Heute

Diese 40 Jahre, die inzwischen vergangen sind, haben mir vieles gelehrt. Der Blick in den Spiegel beweist, dass die Zeit nicht aufzuhalten ist. Fast. Man muss nur auf die richtige Gelegenheit warten. Bei einem Besuch einer Oldtimermesse sahen wir uns wieder. Ich war nicht vorbereitet. Und so stand er plötzlich wieder da. Es war wie in meiner Kindheit. Ich erinnerte mich und lächelte.